Autor: Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

Mit dem 1. Januar 2014 ist eine grundlegende Reform des Código da Estrada, der portugiesischen Straßenverkehrsordnung, in Kraft getreten. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau nimmt dies zum Anlass, die wesentlichen Neuerungen darzustellen und auf wichtige Vorschriften hinzuweisen, die Bußgelder und Fahrverbote nach sich ziehen können.

Wesentlich verbessert wurde durch die Reform vor allem die Situation von Fahrradfahrern. Im alten portugiesischen Straßenverkehrsrecht waren Radler kaum berücksichtigt worden. Sie genossen weder gegenüber Kraftfahrzeugen noch gegenüber Fußgängern Vorrechte oder
Schutz. In der Praxis führte dies oft zu einem rücksichtslosen Verhalten gegenüber Radfahrern. Im neuen Código da Estrada werden  Fahrradfahrer genauso wie Fußgänger als „verwundbare Verkehrsteilnehmer“ bezeichnet, deren Gefährdung durch Autofahrer einen eigenen
Bußgeldtatbestand darstellt.
Zudem wird Autofahrern nun zu Fahrradfahrern ein ständiger Mindestseitenabstand von 1,5 Metern vorgeschrieben, auch beim Überholen, das zudem mit moderater Geschwindigkeit zu erfolgen hat. Ein „Abdrängen“ von Radfahrern ist ordnungswidrig und wird mit Bußgeld bis
zu 300 € geahndet. Beim  Überholen beträgt die Strafe ganze 600 €. Da es einen solchen Mindestabstand in Deutschland nicht gibt, sollten deutsche Autofahrer in Portugal dies besonders beachten.  Während  vorher  Fahrräder  stets  Autos  die  Vorfahrt  zu  gewähren  hatten, müssen nun  Autofahrer an Straßenübergängen für Fahrräder die Geschwindigkeit drosseln und diese überqueren lassen.

Wo Fahrräder zuvor als „Fahrzeuge“ nur auf der Straße und nicht auf dem Bürgersteig fahren durften, ist ihnen nun ausdrücklich die  Benutzung des Bürgersteigs gestattet, solange keine Fußgänger gestört oder gefährdet werden. Die Benutzung von gesondert ausgewiesenen Radwegen soll nunmehr lediglich vorzugsweise erfolgen, ist aber nicht mehr obligatorisch, wenn z.B. der Zustand des Radweges, parkende Fahrzeuge oder Fußgänger dagegen sprechen. Auf Straßen müssen Fahrräder nicht mehr, wie zuvor, so weit wie möglich rechts fahren, sondern
dürfen und sollen zum Bürgersteig einen sicheren Abstand wahren.  Schließlich ist es nun explizit gestattet, dass zwei Fahrräder nebeneinander fahren, und dass Radfahrer einen Anhänger oder Kindersitz benutzen.

Insgesamt zeigt sich, dass das Fahrrad als umweltfreundliches, gesundes und bei Touristen beliebtes Verkehrsmittel ganz erheblich gestärkt und privilegiert wurde und nun auch im Vergleich zum deutschen Straßenverkehrsrecht Fahrradfahrer einen ausgesprochen umfassenden Schutz genießen. Für Autofahrer bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine besondere Rücksicht auf Radfahrer nicht mehr  bloß ein Gebot der Höflichkeit und Sicherheit ist. Fehlende Rücksicht auf Radfahrer kann schnell ein empfindliches Bußgeld nach sich ziehen  und die Missachtung der genannten Vorschriften bei Unfällen zwingend die zivil-  und strafrechtliche Haftung begründen.

Ebenfalls im Hinblick auf Radfahrer und Fußgänger wurde die Möglichkeit für die Gemeinden eingeführt, verkehrsberuhigte Zonen (zonas  residências de coexistência) auszuweisen, in denen für Kraftfahrzeuge eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 km/h gilt, während Fahrradfahrer und Fußgänger ungehindert verkehren dürfen.

Ansonsten bleiben die Tempolimits in Portugal unverändert: auf Autobahnen gilt eine generelle Begrenzung von 120 km/h, auf Landstraßen von 90 km/h und innerhalb geschlossener Ortschaften  50  km/h. Bei schweren Fahrzeugen, was die meisten Busse und insbesondere Wohnwagen einschließt, betragen die Begrenzungen 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen.

Zu beachten ist, dass eine Überschreitung von mehr als 30 km/h außerhalb und mehr als 20 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften zwingend ein Fahrverbot von einem Monat von bis zu einem Jahr und eine Überschreitung um 60 (außerhalb) bzw. 40 km/h (innerhalb geschlossener Ortschaften) sogar ein obligatorisches Fahrverbot von 2 bis 24 Monaten nach sich zieht.

Portugisischer Kreisverkehr


In Kreisverkehren wird nun die Benutzung der Spuren vorgeschrieben: Wer den Kreisverkehr an der ersten Ausfahrt verlassen möchte, muss direkt auf die rechte Spur fahren; ansonsten ist jedenfalls die innere Spur zu nutzen, bis man alle Ausfahrten vor der gewünschten passiert hat. Mit anderen Worten: auf der rechten Spur fährt nur, wer an der unmittelbar bevorstehenden Ausfahrt abfahren möchte. Übrigens: auch wenn man dies bei vielen portugiesischen Fahrern beobachten kann, ist es weiterhin keineswegs korrekt, an Kreisverkehren links zu blinken!

Bei der Nutzung von Mobiltelefonen am Steuer ist die zuvor übliche, weil erlaubte Nutzung des Telefons über Kopfhörer ab sofort  verboten  bzw.  beschränkt  auf  einohrige  Kopfhörer. Freisprechanlagen dagegen bleiben zulässig. Ein Kindersitz ist nun altersunabhängig für Kinder bis zu einer Größe von 1,35 Metern Pflicht.

Daneben gelten für Autofahrer und andere Fahrzeuge weitestgehend ähnliche Verkehrsregeln wie in Deutschland, und selbstredend das allgemeine Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.

Fahrverbote werden  –  neben den bereits beschriebenen Fällen von Geschwindigkeitsüberschreitungen –  in Portugal in vergleichsweise vielen Fällen als zwingende gesetzliche Folgen bestimmter Verstöße verhängt. Hierzu zählen unter anderem:

  • Nichteinhaltung des Mindestabstands
  • Nichteinhaltung der Vorfahrtsregeln
  • unerlaubtes Überholen
  • unzureichende Beleuchtung
  • Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss
  • Benutzung von Kopfhörern und Handys am Steuer
  • Fahrt mit nicht angeschnallten Kindern
  • Weiterfahrt trotz roter Ampel, Stoppschildern oder Haltegeboten durch Polizeibeamte
  • Überfahren durchgezogener Linien
  • Unfallflucht


Wichtig zu den Fahrverboten: Trotz Bestrebungen auf europäischer Ebene bzgl. eines europaweiten Fahrverbots gilt ein in Portugal verhängtes Fahrverbot weiterhin nicht in Deutschland. Allerdings wird, wenn das Bußgeld bei einer Kontrolle durch Polizeibeamte verhängt
wird, der Führerschein in der Regel eingezogen.  Die portugiesischen Behörden dürfen den Führerschein dann bis zur Ausreise aus Portugal oder bis Ablauf des Fahrverbots einbehalten.

Da es hinsichtlich Fahrverboten gerade bei erstmaligen oder eher geringen Verstößen auch die Möglichkeit gibt, dass diese zur Bewährung ausgesetzt werden, ist ein Vorgehen gegen ein Fahrverbot mit entsprechender rechtskundiger Beratung oft erfolgversprechend.

Alle Informationen wurden mit größter Sorgfalt und nach besten Wissen und Gewissen recherchiert und aufbereitet. Trotz aller Bemühungen um möglichst korrekte Darstellung und Prüfung von Sachverhalten sind Irrtümer oder Interpretationsfehler möglich.

Autor:

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